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Roland Pietsch | Das Heldenbuch von Iran

Das Heldenbuch von Iran

Josef Görres und seine Übersetzung von Abū’l Qāsim Firdousīs Šahnāma (Buch der Könige)

Das iranische Epos Šahnāma (Buch der Könige), dass der persische Dichter Abū’l Qāsim Firdousī (940-1020) in 35 Jahren niedergeschrieben hat, ist eines der berühmtesten und bedeutendsten Werke der Weltliteratur. Dieses Epos hat Joseph Görres in seine Suche nach dem Ur-Mythos, der das eigentliche Ziel der romantischen Mythenforschung war, mit einbezogen, weil er der Auffassung war, in diesem Werk Spuren der ältesten Menschheitsüberlieferungen zu finden. Diese Auffassung war für ihn zugleich Beweggrund, dieses Werk ins Deutsche zu übersetzen. Bevor im Folgenden seine Arbeit an der Übersetzung betrachtet wird, werden einige kurzer Angaben zu seinem Leben und Werk gemacht.

  1. Leben und Werk von Josef Görres[2]

Joseph Görres wurde am 25. Januar 1776 in Koblenz als Sohn eines Holzhändlers geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Koblenz von 1785 bis 1793, wo er durch aufklärerische Einflüsse von Seiten der Lehrer der katholischen Kirche entfremdet wurde, bildete er sich autodidaktisch in Medizin, Naturwissenschaften und Geschichte aus. 1794 wurde er nach dem Einzug der französischen Revolutionstruppen zum Wortführer der deutschen Jakobiner und publizierte in zwei von ihm gegründeten Zeitschriften entsprechende politische Artikel. 1799 hielt er sich im Auftrag von Koblenzer Bürgern in Paris auf, um beim Ersten Konsul Bonaparte Beschwerde gegen die Übergriffe französischer Soldaten einzulegen, scheiterte aber. Tief enttäuscht von den Verhältnissen in Paris distanzierte er sich von seinen revolutionären Aktivitäten und gab seine publizistische Tätigkeit auf. Von 1800 bis 1805 unterrichtete er als Physiklehrer an der Sekundärschule in Koblenz und heiratete Katharina von Lassaulx. Von 1802 an widmete er sich physiologischen, naturphilosophischen und literarischen Studien. 1806 wurde er als Privatdozent an die Universität Heidelberg berufen, wo er Vorlesungen über Physik, Physiologie, Philosophie, Ästhetik und altdeutsche Literatur hielt. In dieser Zeit schloss er mit den Dichtern Achim von Arnim, Clemens Brentano, den Gebrüdern Grimm und dem Mythenforscher Friedrich Creuzer Freundschaft und trat mit anderen Vertretern der Romantik in Verbindung. Weil er nicht zum Professor berufen wurde, kehrte Görres im Jahr 1808 wieder nach Koblenz in den Schuldienst zurück und betrieb zugleich ein intensives Studium aller ihm zugänglichen Mythen und Sagen. 1810 erscheint seine noch in Heidelberg begonnene Mythengeschichte der asiatischen Welt[3] zugleich mit dem ersten Band von Friedrich Creuzers Symbolik und Mythologie der alten Völker[4]. Nachdem er Persisch gelernt hatte, begann er das persischen Nationalepos Šahnāma (Buch der Könige) ins Deutsche zu übersetzen. Daneben gab er 1813 die Schrift Lohengrin ein altteutsches Gedicht[5], heraus, in dem er in der Einleitung über den Dichtungskreis des heiligen Grals handelte, sowie in verschiedenen Zeitschriften Aufsätze, die sich vor allem mit mittelalterlichen Epen, Sagen und Märchen beschäftigen,. Von 1814 an leitete er die Redaktion der Zeitschrift Rheinischer Merkur, in der er zahlreiche politische Artikel veröffentlichte. Im Jahr 1819 publiziert er in Koblenz sein Buch Teutschland und die Revolution[6]. Als er deshalb verhaftet werden sollte, flieht er im Oktober desselben Jahres über Frankfurt nach Straßburg und übersiedelte 1820 in die Schweiz. Im selben Jahr erscheint in Berlin seine Übersetzung Das Heldenbuch von Iran aus dem Schah Nameh des Firdussi[7]. In dieser Zeit wendete er sich wieder zur katholischen Kirche. Unermüdlich veröffentlichte Görres weitere Schriften und Aufsätze vor allem in der Zeitschrift Der Katholik. Am 20. August 1825 erging an ihn der Ruf auf den Lehrstuhl für Geschichte an der Universität München und am 31. Oktober 1827 wurde ihm von König Ludwig I. die ordentliche Professur für „Allgemeine und Literaturgeschichte“ in München übertragen. Görres hatte nie an einer Universität studieren können. Abgesehen von einem Freisemester hielt Görres regelmäßig Vorlesungen über Universalgeschichte und Mystik bis 1847, also bis in sein 72. Lebensjahr. Gleich nach seiner Ankunft in München bildete sich um ihn ein Freundeskreis, der Ende 1827 die Zeitschrift Eos Münchener Blätter für Poesie, Literatur und Kunst gründete, in der Schelling, Franz von Baader, Görres und andere ihre Beiträge publizierten. In den Jahren 1836 bis 1840 veröffentlichte Görres ein bedeutendes Werk über Die christliche Mystik[8], das in der Folge in mehreren Auflagen erschien. In den 1838 gegründeten Historische-politischen Blättern veröffentlichte Görres seinen letzten unvollendet gebliebenen Aufsatz: Die Aspecten an der Zeitenwende. Zum neuen Jahr 1848[9], in dem er vor einem neuen Tyrannen warnt: Dieser Tyrann hat drei Köpfe: Radikalismus, Kommunismus, Proletariat. Am 29. Januar 1848 ist Görres in München gestorben.

Vollständiger Artikel:

http://spektrum.irankultur.com/wp-content/uploads/2024/02/Das-Heldenbuch-von-Iran.pdf

Quelle: SPEKTRUM IRAN 36. Jahrgang 2023, Heft 3/4 http://spektrum.irankultur.com/?p=3745&lang=de

Prof. Roland Pietsch, Ludwig-Maximilian-Universität München, E-mail: roland.pietsch@t-online.de.

[2]. Vgl. Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Erg.-Bd. 2, Görres-Bibliographie. Verzeichnis der Schriften von und über Johann Joseph Görres (1776-1848) und Görres-Ikonographie, Bearbeitet von Albert Portmann-Tinguely, Paderborn, München, Wien, Zürich 1993; Ferdinand Schöningh, Monika Fink-Lang, Joseph Görres. Die Biografie, Paderborn 2013, Schöningh.

[3]. Joseph Görres, Mythengeschichte der asiatischen Welt, 2 Bde., Heidelberg 1810, Mohr und Zimmer.

[4]. Friedrich Creuzer, Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen, 4 Bde., Leipzig und Darmstadt 1810-1812, Leske. Dieses Werk wurde von Willibald Kirfel 1942 im Rahmen von Görres‘ Gesammelten Schriften (GS) in Köln im Bachem Verlag als Band 5 neu herausgegeben.

[5]. Joseph Görres, Lohengrin, ein altteutsches Gedicht, Heidelberg 1813, Mohr und Zimmer.

[6]. Joseph Görres, Teutschland und die Revolution, Koblenz 1819, Hölscher.

[7]. Joseph Görres, Das Heldenbuch von Iran aus dem Schah Nameh des Firdussi, in zwei Bänden, Berlin 1820, Reimer.

[8]. Joseph Görres, Die christliche Mystik, 4 Bde., Regensburg 1836-1840, Verlag Joseph Manz.

[9]. Vgl. Historisch-politische Blätter 21 (1848), S. 1-34.

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