Der Monat des Heldenmutes und der Opferbereitschaft: Monat Muharram; der Monat in dem das Märtyrerblut die Säbelklingen besiegt und die Macht des Rechtes auf ewig das Unrecht verworfen hat. Der Monat, welcher Generation um Generation den Sieg über die Unterdrückung lehrt und lehrt, wie die Supermächte gegenüber dem Wort des Rechtes zum Scheitern verurteilt sind. Mit Herannahen der Tage, in denen des Martyriums von Imam Hussain (a), dem edlen Enkelsohn des Propheten Gottes, in Kerbala gedacht wird, ändert sich das Gesicht der Städte. Die Bevölkerung kleidet sich in schwarz und schwarzen Fahnen werden ausgehängt und Trauerstände am Straßenrand aufgebaut.
Muharram ist der erste Monat im Mondkalender. Er wird Muharram genannt, weil es einer der vier Monate ist, in dem Gott den Krieg verboten hat. Aber die Umayyaden haben im Jahre 61 nach der Hidschra in diesem Monat das Blut Imam Hussains und seiner Helfer und der Nachkommen des Propheten verschüttet und damit nicht nur die Heiligkeit des Muharram sondern auch die Heiligkeit der Prophetenfamilie verletzt. Die Anhänger Imam Hussains erfüllt das Gedenken an diese Tragödie mit Trauer. Sie kleiden sich schwarz und nehmen an den Trauerzeremonien für Imam Hussain – dem Fürsten der Märtyrer – teil. Laut Überlieferung hat Imam Ridha (a) aus dem Hause des Propheten gesagt: „Wahrlich der Tag des Märtyrertodes Imam Hussains (a) hat unsere Herzen verletzt und uns zum Weinen gebracht… er hat bis zum Jüngsten Tag für uns Trauer und Leid hinterlassen. Die Weinenden müssen für einen unterdrückten Menschen wie Hussain Tränen vergießen…“ und er hat auch gesagt: „Vom ersten des Monats Muharram bis zum 10. dieses Monats habe ich meinen Vater (Imam Kadhim) nicht lachen sehen, und vom ersten bis zum 10. Muharram wuchs sein Kummer. Am 10. Tag (dem Aschura-Tag) war für ihn ein großer Trauertag und ein Tag der Tränen und an diesem Tag sagte er immer wieder: `Dies ist der Tag an dem Hussain getötet wurde…`“
Der Trauerbrauch gehört auch noch viele Jahrhunderte nach dem Leid welches die Nachkommen aus dem Haus des Propheten erfahren haben, nicht der Vergangenheit an, sondern ist auf uns übergegangen. Dieser Brauch, zu dem die Makellosen Imame ermutigten, lehrt uns zahllose Dinge. Das Trauern um Imam Hussain vereint die Menschen jedes Mal wie eine gemeinsame Achse umeinander und verhindert das Auseinandertreiben der Kräfte. Heute trauern Millionen von Menschen unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Stellung und ethnischen Herkunft unter dem Banner Imam Hussains und gedenken seiner Opferbereitschaft.
Aus den Überlieferungen, die uns von den Imamen vorliegen, geht hervor, dass Gott die Tränen, die für das Unrecht an Imam Hussain und seinen Mitkämpfern vergossen werden, reichlich belohnt. Diese Tränen sind etwas Besonders. Es sind keine Tränen der Machtlosigkeit. Sie bilden einen mächtigen Rückhalt für eine Zivilisation, die 14 Jahrhunderte alt ist und deren vitalen Lehren in dem Auf und Ab der Geschichte den Menschen auf den Weg geleuchtet haben. Imam Sadiq (a) hat gesagt: „Für die Diener Gottes ist es unschön, wenn sie heulen und weinen, außer wenn sie es für Hussain Sohn des Ali (Friede sei ihm) tun, denn dann werden die Weinenden im Jenseits belohnt.“
Die Teilnehmer an den Trauerzeremonie um Imam Hussain (a) und seine treuen Unterstützer erfahren über deren großartigen Charakter und hohe Moral und begegnen in ihnen außergewöhnlichen Menschen mit schönen Eigenschaften wie Ausdauer, Treue, Standhaftigkeit und Selbstverzicht. Jeder von ihnen kann ein gutes Vorbild für sie sein. Die Trauernden, die an das Unrecht erinnert werden, das in Kerbala zum Himmel schrie, und es beweinen, lernen nicht nur mehr über diese Helden sondern auch ihre emotionale Verbindung zu ihnen wird weiter gefestigt.
Jemand, der Hussain ibn Ali und die Familie des Propheten innig liebt und mit seinen Tränen um sie dieser Liebe Ausdruck gibt, frischt natürlich zugleich das Treuebündnis mit dem Imam und den Geist der Bereitschaft zum Märtyrertod auf und folgt dem Weg dieser Opferbereiten.
Der iranische Philosoph Schahid Motahhari sagt: „Das Beweinen eines Märtyrers ist die Teilnahme an seiner Heldentat und ist Übereinstimmung mit seiner Moral und Einvernehmen mit seinem freudigen Einsatz und seinem Handeln… Imam Hussain – Friede sei ihm – hat mit seiner hohen Persönlichkeit und seinem heldenhaften Martyrium die Herzen und Gefühle von Hundertmillionen erobert. Wenn diejenigen, die mit diesem kostbaren und gewaltigen, wichtigen geistigen Arsenal betraut worden sind, nämlich die religiösen Redner, dieses Riesenarsenal richtig dafür nutzen um die Seelen der Gestalt und Art und den Gefühlen der großen Seele Hussains anzunähern , wird die Welt in Ordnung kommen.“
Maurice Dekobra, ein 1973 verstorbener französische Schriftsteller, hat auf die Ablehnung der Trauerzeremonien für Imam Hussain zu Aschura seitens einiger gesagt: „Wenn sie die Wahrheit über Aschura wüssten, würden sie diese Trauerzeremonien nicht mehr als verrückt bezeichnen. Denn die Anhänger Hussains ziehen aus diesen Zeremonien die Lehre, dass man keine Schmach und Unterdrückung, Kolonialisierung und Ausbeutung dulden darf. Die Devise ihres Anführers lautet nämlich: sich nicht dem Unrecht und der Unterdrückung zu ergeben.“ Es gibt auch andere westliche Denker, die der Meinung sind, dass der Erhalt und der Fortschritt des Islams dem Martyrium Imam Hussains zu verdanken ist und dass die Trauerzeremonien eine kluge Kampftaktik war, die die Schiiten gestärkt hat.
Mahatma Gandhi ist ebenso der Überzeugung, dass die Entwicklung des Islams das Resultat des ultimativen Opfers von Hussain ist, den er einen großen Heiligen nennt. Dieser indische Befreiungskämpfer erklärt: „Ich habe von Hussain gelernt, wie man siegreich sein kann, während man unterdrückt wird.“
Imam Hussain (a) und seine Helfer haben in Kerbala ihr Leben verloren, und gemäß dem Mitbegründer und ersten Staatspräsident der Tschechoslowakei Tomas Garrigue Masaryk hat, der sich als Philosoph mit dem Thema Aschura befasst hat, gibt es unter den Anhängern Christi kein Heldenepos ähnlich wie dem Heldenepos, dass die Gefährten Hussains hervorgebracht haben.
Imam Hussain (a) und seine Helfer haben durch ihre Heldenhaftigkeit den Islam neu belebt und mit ihrem Heldenepos die Welt den Kampf gegen Unrecht gelehrt. Sie stehen für alle Gerechtigkeitsliebenden auf einer hohen Stufe und nehmen einen festen Platz in den Herzen der Gläubigen ein.
Jahr für Jahr lebt die Erinnerung an den Aschura-Aufstand von Imam Hussain (a) noch intensiver auf und wird Hussain Ibn Ali (Friede sei ihm) zum Vorbild für die Bewegung von Kämpfern gegen das Unrecht. Imam Hussain (a) hat aufgrund seiner Forderung nach dem Rechten und der Gerechtigkeit, seine Bewegung begonnen – eine Bewegung die von menschlicher Größe und Würde geprägt ist. Obwohl mehrere Jahrhunderte seit seinem Aufstand vergangen sind, ist der Name Hussain und ist das Heldenepos von Aschura nicht in Vergessenheit geraten. Im Gegenteil – mit der Zeit tun sich neue Dimensionen seiner großen Bewegung auf. Die Erinnerung an das Heldengeschehen in Kerbala hat den Geist der Standhaftigkeit unter den Unterdrückten erweckt und sie von der Resignation befreit. Hierzu hat Ajatollah Khamenei gesagt: „Imam Hussain (a) hat der ganzen Geschichte des Islams in der Praxis eine große Lehre mitgegeben und hat sowohl in seiner Epoche als auch für jede andere Epoche die Sicherheit des Islams gewährleistet. Überall wo ein Übel existiert sagt uns Imam Hussain mit seinem Vorgehen, was wir tun müssen und was unsere Pflicht ist. Daher muss die Erinnerung an ihn und an Kerbala lebendig bleiben, denn die Erinnerung an Kerbala führt uns diese praktische Lehre vor Augen.“
Die Aschura-Erhebung ist die Erhebung gegen Unterdrückung und Unrecht und das Trauern um Imam Hussain (a) und seine Getreuen veranschaulicht diesen Kampf für die unterdrückten Völker an allen Orten und zu jeder Zeit. Der Muharram ist die Erneuerung des Treudebündnisses mit Imam Hussain (a) und die Abscheuerklärung gegenüber seinem Feind Yazid und seinesgleichen. Beides stärkt Glauben und Spiritualität und führt letztendlich zum Erhalt des Islams und dem geistigen Fortschritt der Muslime.
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