Die Jungfrau Maria [maryam al-azraa] (a.) (arabisch: مريم) ist die Mutter Jesu (a.), die ihren Sohn ohne die Berührung durch einen Mann erhalten hat, als Wunder für die Menschheit.
Ihr ist eine ganze Sure im Heiligen Qur’an gewidmet und ihr Name wird dort häufiger erwähnt als in der Bibel. Die Lebensgeschichte Marias (a.) ist im Heiligen Qur’an und in den islamischen Überlieferungen detailliert wiedergegeben.
In der Zeit vor der Geburt Marias (a.) lebten zwei Propheten im Land der Israeliten: Imran (a.) und Zacharias (a.), die beide den hohen Priestern von Jerusalem angehörten. Imran (a.) heiratete Hanna und Zacharias (a.) heiratete Elisabeth [isha], zwei Schwestern, die sehr gläubig, fromm und keusch waren. Bis ins hohe Alter konnten beide Schwestern keine Kinder bekommen. Als Imran (a.) und Hanna schon sehr alt waren, wurde ihnen ein Kind geoffenbart, das zum unverkennbaren Zeichen für die Israeliten werden sollte. Noch vor der Geburt des Kindes starb Imran (a.). Hanna gelobte Gott, dieses Kind ganz in seinen Dienst zu stellen und es dem Tempel zu widmen. Alle Welt erwartete einen Jungen, den Erlöser.
Als sie aber ein Mädchen gebar, waren alle erstaunt. Viele Anhänger Imrans (a.) wandten sich ab. Nur die wenigsten glaubten fest an die Offenbarung . Hanna bekam die Gewissheit, dass dieses Mädchen die Mutter des angekündigten Propheten sein musste. Sie nannte ihre Tochter „Mariam“, was sinngemäß „Anbeterin Gottes“ heißt.
Da ihr Vater schon gestorben war, kam Maria (a.) in die Obhut ihres Onkels Zacharias (a.), der sie auch erzog und ihr die Glaubensregeln lehrte, so dass sie zur gelehrtesten Person ihrer Zeit reifte. Als sie die Reife erlangt hatte, baute Zacharias (a.) ihr ein Zimmer in einem hohen Teil des Jerusalemer Tempels, das nur über eine Leiter zu erreichen war, und zu dem außer Maria nur Zacharias (a.) Zutritt hatte. Bis zu jener Zeit war es nicht erlaubt, dass ein Mädchen Dienst im Tempel leisten durfte. Mit neun Jahren bereits fastete Maria (a.) am Tag und betete in der Nacht. Bald wurde sie bekannt für ihre hohe Tugendhaftigkeit, Frömmigkeit und die Wunder, die sie vollbrachte. Das führte zu großen Problemen im Tempel, da einige ältere Gelehrte ihr neideten und auf jede nur erdenkliche Gelegenheit warteten, um ihrem Neid Ausdruck zu verleihen.
Von Zeit zu Zeit brachte Zacharias (a.) Nahrung zu Maria (a.) in den Tempel, aber manchmal musste er feststellen, dass Maria (a.) bereits mit außergewöhnlicher göttlicher Nahrung versorgt war. In jener Zeit bekamen auch Zacharias (a.) und seine Frau trotz ihres hohen Alters ihren Sohn Johannes (a.). Das noch ungeborene Kind bekam im Mutterleib große Freude, als es einstmals die Stimme Marias (a.) hörte, die zu Besuch gekommen war.
Als Maria (a.) die Offenbarung erhielt, dass sie ein Kind gebären sollte, obwohl sie kein Mann berührt hatte, zog sie sich an einen Ort „im Osten“ zurück, der nachträglich als Bethlehem beschrieben wurde. Dort empfing sie unter einer einstmals verdorrten Palme der Dattel das Kind. Als Wunderzeichen entstand unter ihren Füßen eine Wasserquelle, von der sie ihren Durst löschen konnte, und die Dattelpalme trug plötzlich Früchte, mit denen sie sich stärken sollte (siehe dazu die osmanische Miniatur aus dem 16. Jh. n.Chr.). Zudem erhielt sie die Offenbarung, nach Jerusalem zum Tempel zurück zu kehren, dabei ein Sprachfasten zu praktizieren und auf mögliche Fragen auf das Kind zu deuten.
Angekommen am Tempel wollten sie die Hohepriester, die ihr neideten, wegen Unzucht bestrafen, da sie ein Kind brachte ohne einen Ehemann zu haben. Der Vorwurf gegen sie wog schwer: „O Schwester Aarons, nicht war dein Vater ein schlechter Mann, und nicht war deine Mutter eine Hure.“ (siehe Heiliger Qur’an 19:28 ff.) Da sprach als weiteres Wunder der Säugling in den Armen Marias (19:30 ff.):
Ich bin der Diener Gottes. Er ließ mir das Buch zukommen und machte mich zu einem Propheten. Und Er machte mich gesegnet, wo immer ich bin. Und Er trug mir auf, das Gebet und die Abgabe (zu erfüllen), solange ich lebe, und pietätvoll gegen meine Mutter zu sein. Und Er machte mich nicht zu einem unglückseligen Gewaltherrscher. Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde. Das ist Jesus, der Sohn Marias. Es ist das Wort der Wahrheit, woran sie zweifeln.
Dieses Wunder war derart eindringlich, dass alle Vorwürfe gegen Maria (a.), sie hätte Unzucht begangen, entkräftet wurden. Die Bezeichnung Schwester Aarons deutet auf ihre hohe Stellung im Heiligen Quran hin.
Die ausführliche Geschichte Marias (a.) ist in der nach ihr benannten 19. Sure und in den Überlieferungen wiedergegeben.
Maria (a.) erlebte das gesamte Leben ihres Sohnes Jesu (a.) mit, bis hin zu seiner Himmelfahrt. Nach unterschiedlichen Quellen, ist auch sie in den Himmel aufgefahren und hat die Erlaubnis Gottes, ihren aufrichtigen Anhängern zu erscheinen. Als einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der katholischen Kirche gilt ein Ort der Marienerscheinung mit dem Namen Fatima (a.), der Tochter des Propheten Muhammad (s.).
Über ihr Entrücken ist wenig bekannt. Unter anderem glauben einige ihrer Anhänger, dass sie zuletzt in einem kleinen Haus in der Nähe der Höhle der Siebenschläfer in Westanatolien in Meryemana gesichtet wurde, wo jetzt eine kleine Kirche errichtet wurde.