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Knüpf- und Webmaterial für iranisches Kunsthandwerk

Es gibt zahlreiche Bücher und Artikel über den iranischen Teppich.  Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass ein Teppich zu den Meisterwerken  des iranischen Kunsthandwerkes gezählt werden kann.  Dies sind unter anderem  die Farbkombination und Farbharmonie, die Harmonie im Muster und die Gleichmäßigkeit der Knüpfstruktur.

Das wichtigste Rohmaterial für einen Teppich ist die Schafswolle. Auch der Flaum am Hals und unter dem Bauch der Ziege  dient als Wolle für feine Knüpfteppiche. Neben  Wolle werden auch Seidenfäden oder Golabtun verwendet. Golabtun sind Seidenfäden, die mit einem sehr dünnen Goldbelag versehen werden.                                

Die Wolle von lebenden Schafen ist beliebter und schöner. Die geschorene Wolle von diesen Schafen wird für helle Farben verwendet, insbesondere für Rot. Aber die Wolle eines Schlachttiers verwendet man für dunklere Farben wie Dunkelblau.  Die Wolle von Schafen, die auf saftigen Wiesen weiden, wird besonders geschätzt. So weist die Wolle von Schafen, die an den Berghängen des Alvand-Vorgebirges in der Provinz Hamadan grasen und sich von duftenden Pflanzen wie Echtes Süßholz und Kamille ernähren,  eine bessere Qualität auf und die Teppiche, die mit dieser Wolle geknüpft werden besitzen einen besonderen Schimmer.

Wichtig ist auch die Reinigung der Wolle.

Die Altmeister des Teppichknüpfens sind  der Meinung, dass die Wolle in klarem, kalten Süßwasser gewaschen werden sollte.

Das Färben von Fasern und Fäden, Stoffen und Kleidungsstücken in einer Lösung, wobei sich die Farbmoleküle mit dem Material mehr oder weniger fest vermischen, wird auf Farsi „Rangrasi“ oder „Sabbaghi“ genannt.

Dieses Handwerk gab es schon lange vor Christus im antiken Iran in ausgereifter Form.

Der griechische Geschichtsschreiber  Xenophon, der im 4. Jahrhundert vor Christus lebte, erwähnt eine Teppichknüpferei der Achämenidenherrscher in Sardes (Lydien) und schreibt über einen purpurroten Teppich, der auf der Grabstätte von Kyros ausgebreitet war.  Der Pasyryk , welches der älteste erhalten gebliebene Teppich ist, und nach Ansicht von Wissenschaftlern aus dem Iran und dem 4. bis 5. Jahrhundert vor Christus  stammt, zeigt auf der Randbordüre Pferdefiguren die in den Farben grün, blau, rot und gelb geknüpft wurden. Und dies zeugt  für eine vorherliegende lange Erfahrung mit Färbtechniken.

Bis zu den Sassaniden (die vom  3. bis 7. Jahrhundert im Iran herrschten) entwickelte sich dieses Handwerk weiter, wofür die ausgezeichneten  Gewebe aus dieser Zeit zeugen.  Ein blendendes Beispiel aus der Zeit der Sassaniden ist der Baharastan-Teppich (auch Frühling des Chosrau genannt),  in den nicht nur Edelsteine eingearbeitet worden waren, sondern der auch in prächtigen Farben die 4 Jahreszeiten verbildlichte.

Nach Beginn der Islamischen Ära wurden zur Zeit der Buyiden und danach der Seldschuken (11. Bis 12. Jahrhundert nach Christus)  in vielen Städten Irans wie den zentralgelegenen Städten Yazd, Kaschan und Isfahan, Färbereien eingerichtet.

Unter den Seldschuken erreichten die Färbmeister eine große Fertigkeit. Beim Färben mit Pflanzen und ihren Bestandteilen wurden zum Beispiel Safran und die Schalen von Walnüssen und von Granatäpfeln verwendet ebenso wie  Färberkrapp und Resede.

Die Iraner stellten Farben her, die keiner anderswo nachahmen konnte.

Die Färbkunst und das Teppichknüpfen erreichten erst recht zur Zeit der Saffawiden  (16. Bis 18. Jahrhundert) einen Höhepunkt und zahlreiche Werke aus jener Zeit schmücken heute Museen in aller Welt. Diese Werke weisen zahlreiche Farben von  Hellgelb bis zu  Violett auf. Es wurden feine Farbvarianten gewonnen.   Durch die Mischung der Farbe Rot mit Violett wurde die  Farbe der scharzen Maulbeere (Schah-Tuti) erzielt und  durch Kombination von grellem Gelb erzielten sie das Rot der Kakipflaume (Chormalui).

Die erhalten gebliebenen kostbaren Werke und die schriftlichen Dokumente zeigen, dass die iranischen Teppichknüpfer zumeist pflanzliche und natürliche Farben benutzten. Die Beliebtheit des Knüpfteppichs und seine Beständigkeit wurden auf die Festigkeit und Schönheit der pflanzlichen Farben zurückgeführt.  Auch heute ist man trotz der voll entwickelten Produktion von chemischen Farben immer noch der Überzeugung unter den Teppichexperten im Iran, dass die Verwendung von natürlichen Farben etwas Besonderes ist. Dies obwohl die chemischen Farben inzwischen ein größeres Farbenspektrum aufweisen und manchmal sogar beständiger und außerdem leichter und schneller anwendbar sind.

Die iranischen Teppichknüpfer geben die alten Färbtraditionen nicht so einfach auf und sie haben gute Gründe dafür und sagen: keine der künstlichen Farben kann so warm und leuchtend, echt und harmonisch wie die pflanzlich gefärbten Farben sein.  Die natürlichen Farbstoffe wurden ja im Laufe der Zeit weiter verbessert. Ein handgeknüpfter iranischer Teppich aus natürlich gefärbten Fäden verliert nicht seine Qualität wenn er älter wird, im Gegenteil: sein Preis steigt sogar an. Aber ein Knüpfteppich aus  chemisch gefärbtem Material büßt mit der Zeit an Qualität und Wert ein.

Seit mehreren Tausend Jahren verwendet man Pflanzen fürs Färben und fast bis Mitte des 19. Jahrhunderts nach Christus hat man diese Tradition weitergeführt. Wie die Geschichte belegt,  muss die Wiege der Färbereikunst Jahrhunderte vor Christus in Indien gestanden haben und begann die Entfaltung der Färbkenntnisse im Fernen Osten. Der Weltenreisende Marco Polo aus Venedig schreibt in seinem Reisebericht wie in Asien die Farbe Himmelblau gewonnen wurde.  Die Portugiesen brachten dieses Wissen nach Europa.

Natürliche Farben werden aus verschiedenen Pflanzenteilen,  wie Blätter, Ringe und Früchte und Wurzeln gewonnen. Walnüsse und Granatäpfeln liefern braune Farben, und aus  Blättern der Traube  und des Maulbeerbaumes  wird Gelb gewonnen.   Dunkles Blau erhält man durch die  Indigopflanze, und Grün aus einer Mischung von Indigopflanze und Resede.

Schwarz wird mit den Samenkörnern und Blättern eines dornigen Strauches namens Rosa Persica  und Galläpfeln  erzielt.  Die Rottöne Qermes und Laki gewinnt man aus Färberkrapp.

Für die verschiedenen Farbschattierungen werden der Grundfarbe andere Farben hinzugefügt: Zum Beispiel um Goldgelb in  Orangengelb  zu verwandeln wird zunächst die Resede verwendet und dann Färberkrapp hinzugefügt.  Man kann auch die Schafswolle ungefärbt verwenden, vorausgesetzt dass sie gleichmäßig ist und verschiedene Farbtöne aufweist – wie weiß, cremefarben, braun oder schwarz. Aber ein Teppich mit gefärbter Wolle  ist schöner.

Das Färben mit Pflanzen ist nicht nur eine Kunst,  es erfordert auch Kenntnisse von der Natur und von den Pflanzen. Es tragen viele Faktoren zur  Fertigkeit eines Färbers  der Knüpfwolle mit.  Die Pflanzen weisen eine große Vielfalt auf  und wenn in einem bestimmten Gebiet eine bestimmte Pflanze wächst so kann es sein, dass sie je nach der Jahreszeit in der sie gepflückt wird, farblich verschieden ist. 

Ein Teppich, der mit pflanzlichen Stoffen gefärbt wurde, ist also aus mehreren Gründen höher zu bewerten, als einer  mit chemisch gefärbtem  Knüpfmaterial.

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