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„Jussuf und Suleicha” in der Übersetzung Vinzenz Rosenzweig von Schwannau

Vinzenz Rosenzweig von Schwannau war ein österreichischer Diplomat und Orientalist. Er wurde bekannt als Übersetzer orientalischer Literatur.

Von 1817 bis 1847 war er als Professor für orientalische Sprachen an der Orientalischen Akademie in Wien tätig. 1831 wurde Rosenzweig von Schwannau zum Hofsekretär ernannt.Die Themen der wissenschaftlichen Arbeiten von Vinzenz Rosenzweig von Schwannau galten den Literaturen des Orients, vor allem der persischen Dichtung. Intensiv beschäftigte er sich mit Nur od-Din ‚Abd or-Rahman Dschami. Er übersetzte romantische Geschichte über Josef (a.) und Suleika von Dschami.

„Jussuf (a.) und Suleicha” von Dschami in der Übersetzung von Vinzenz Rosenzweig von Schwannau:

Der Liebende der sich stets treu bewahrt,
Der heißt zuletzt wohl der Geliebte noch;
Wer maß der Treue Pfad, und trug als Lohn
Die Liebe der Geliebten nicht davon?
Treu war Suleicha auf der Liebe Bahn,
Weil sie ein Leben liebend hingebracht,
Weil in der Kindheit, wenn sie tändelte,
Und sich mit zarten Puppen unterhielt,
Das Spiel zu dem sie ihre Zuflucht nahm,
Ihr immerdar das Spiel der Liebe hieß:
Das Puppenpaar das sie dann vor sich hielt,
Sie nannt‘ es stets die Freundin und den Freund.
Kaum weiß sie noch was rechts heißt und was links,
Und wie man artig sitzt und zierlich steht,
So zeigt ein waches Glück ihr schon den Traum
Der sie in Joseph’s Liebesnetz verstrickt;
Da bannt sie schnell das Heimweh aus der Brust,
Beschließt die Reise nach Ägyptens Reich,
Und eilt aus ihrer Stadt in Joseph’s Stadt,
Wo Joseph sie, nicht Selbstsucht hingeführt;
In seinem Wahnbild flieht ihr Jugendlenz,
Er flieht in steter Hoffnung seines Bund’s;
Im Alter selbst sehnt sie sich noch nach ihm,
Und selbst erblindet will sie ihn noch schau’n;
Und als sie wieder jung und sehend wird,
Liebt sie gleich stark noch jenen Weltengeist,
Und lebt fortan treu ihrer Liebe Schwur,
Und lebt fortan in seinen Banden nur.
Weil ihre Treue keine Grenzen kennt,
So fühlt zuletzt auch Joseph sich bewegt;
Ja, Joseph’s Herz wird so von Liebe warm,
Dass er sich dieser Herzenswärme schämt;
Er wallt so treu auf ihres Herzens Bahn
Dass er kein Stündchen ohne sie mehr ruht;
Stets späht er sorgsam ihren Wünschen nach,
Presst seine Lippe stets an ihren Mund,
Und tränkt so oft der Wollust durst’ge Saat,
Dass ihm’s zuletzt an Wasser schon gebricht;
Doch riss hierdurch Suleichen’s Flor entzwei,
Und ihr erschien der Wahrheit Sonnenlicht:
Es brach der Sonne hehrer Glanz hervor,
Worin, als Stäubchen, Joseph sich verlor.
Ja, auf der ungeweihten Liebe Test
Schmolz ihr schon manches Hindernis dahin;
Ists da der Wahrheit Sonne ihr erschien,
Schwand auch der Hindernisse letzter Rest;
Es zog der Wahrheit rege Kraft sie an,
Und sie vermied was Niemand meiden kann.
Als sie einst Nachts aus Joseph’s Armen flieht,
Und mühevoll ihm zu entrinnen strebt,
Da fasst er schnell von rückwärts ihren Saum,
Und seine Hand reisst ihr das Hemd entzwey.
Da sprach Suleicha: „Wenn ich dir am Leib,
In früh’rer Zeit, das Hemde einst zerriss,
Riss’st nun auch du das Hemde mir entzwei,
Und gabst den Lohn der Sünde mir zurück.
Kein Vorrang gilt in uns’rer Liebe Reich:
Der Hemde Riss macht uns einander gleich.“
Da Joseph sah wie sie dem Dienst oblag,
Und wie ihr Herz für diesen Zweck nur schlug,
So baut‘ er nun ein Lustgebäu von Gold,
Kein Lustgebäu, ein Haus der Andacht ihr,
Voll Lazurziegeln wie des Himmels Köschk,
Und hold getäfelt wie das Paradies.
Mit Bildern war’s vom Dach zum Aestrich voll,
Und ehrfurchtsvoll staunt’s selbst der Künstler an:
Durch jedes Fenster schien der Wonne Licht,
Des Glückes Bothe lief durch jedes Thor;
Den hohen Altan traf kein böses Aug,
Und das Gewölb war Hurisbrauen gleich;
Die Kuppel lieh der Sonne Licht und Glanz,
D’rum war kein Schatten in dem Haus zu schau’n.
Aus der Beglückten Dinte flossen hier
Die Bäume auf der Wände Palmenwald;
Ein Vogel saß auf jeder Palme Ast,
Doch sang sein Schnabel nie ein süßes Lied.
Und in die Mitte setzt er einen Thron,
Von Gold- und Silberziegeln aufgeführt,
Wohl mit zweihundert Bildern hold bemalt,
Und wohl von tausend Lustern rings umstrahlt.
Und Joseph nimmt Suleichen bey der Hand,
Setzt sie zu sich auf den erhab’nen Thron,
Und spricht zu ihr: „Die du durch häuf’ge Huld
Mich bis zum jüngsten Tage hast beschämt!
Als ich dir noch ein nied’rer Sklave hieß,
Erbautest du ein Haus der Wunder mir:
Mit rotem Onyx und mit gelbem Gold
Ward es von dir nach Möglichkeit verziert; –
Nun hab‘ auch ich, zu deiner Gnaden Preis,
Ein hohes Haus der Andacht dir erbaut:
Verweile stets zum Preise Gottes d’rin,
Denn jedes Haar bezeugt dir seine Huld:
Er machte dich nach schnöder Armut reich,
Er gab dir Jugend nach des Alters Schmach;
Er schenkte deinem blinden Auge Licht,
Er schloss sein weites Mitleidstor dir auf;
Nach einem Leben, voll von Schmerz und Pein,
Gab er den Teriak meines Bund’s dir ein.“
Durch Gottes Gnade saß Suleicha nun
Auf einem hohen kaiserlichen Thron,
Und war vergnügt in jener Einsamkeit,
Durch Gottes Huld und Joseph’s Zärtlichkeit.

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