Aus der Töpferei sind weitere Künste, so unter anderen die Herstellung von schönem Kachelwerk, hervorgegangen. Kacheln bestehen aus einer Platte aus Ton, die mit Glasurschicht überzogen ist.
Kacheln, deren Glasur aus einer keramischen Masse besteht, werden Keramikkacheln oder kurz Keramik genannt. Auch der nichtmetallische, anorganische Werkstoff wird mit Keramik bezeichnet. Das Wort stammt von dem griechischen Wort Keramos, was Ton oder gebrannter Lehm bedeutet. Aber eine noch ältere Wortwurzel finden wir im Sanskrit und diese bezieht sich auf alle Gegenstände, die gebrannt werden. Mit Keramik wird auch die Kunst der Formung von festen Gegenständen aus dem keramischen Werkstoff, vornehmlich aus Tonerde, verstanden.
Jedenfalls wird das Wort Keramikware heute für die gesamten Erzeugnisse verwendet, die aus einem silikatreichen Rohstoff hergestellt und dann zur Festigung gebrannt werden. Sowohl Gefäße als auch Wandkacheln fallen darunter.
Damit ein Ton-Erzeugnis glatt, wasserdicht und gegenüber Chemikalien beständig ist und zugleich schön aussieht, wird eine dünne Glasur in flüssigem Zustand auf den einfachen Ton aufgetragen und gebrannt. Die Glasurmasse besteht aus Mineralien und bildet die glasartige Schicht über dem Keramik-Gegenstand.
Heutzutage gehören Küchen- und Badezimmer-Kacheln, sowie Bodenfliesen und Hygiene-Keramik wie Waschbecken zu jedem Bauwerk. Die Herstellung von Keramik blickt auf eine lange Vergangenheit zurück und beginnt bei der Herstellung von glasierten Tongegenständen.
Keramikkacheln und –Fliesen wurden früher vor allen Dingen für die Verzierung von Tempeln und Grabstätten, Wohnhäusern und Fußwegen und Kirchen verwendet. Doch fand die Keramikkunst vom ersten Jahrtausend vor Christus bis zum 16. Jahrhundert nach Christus in Mexiko und Zentralamerika auch bei der Herstellung von Schmuck und der Ausschmückung von Statuen Verwendung. Dabei kombinierte man Keramikstücke mit Gold- und Silberstücken. Im alten Ägypten hat man Tempel und Säulen nicht nur mit Glas und Edelsteinen sondern auch mit Keramik verziert. Auch die iranischen Kunsthandwerker nutzten Keramik als Dekor. Überall in den islamischen Gebieten – von Südasien bis Nordafrika und sogar bis in Europa hinein – schmücken ihre Fayencen in kräftigen Farben die Bauwerke der Muslime. Die muslimischen Handwerker benutzten für das Glasieren der Tonkacheln Metalloxide wie Zinn-, Kupfer-,
Kobalt-, Magnesium- und Antimonoxide. Durch diese Oxide wurde die Glasur einer Kachel fester und erhielt einen schöneren Glanz.
Die ersten Keramikstücke, die man im Iran gefunden hat, stammen aus dem 8. Jahrtausend vor Christus. Der Fund wurde in Ganj Dareh (Teppeh) (Schatztal-Hügel) östlich der westiranischen Stadt Kermanschah gemacht. Auch in der historischen Ghar-e Kamarband (der Gürtelhöhle) nahe bei Behschahr im Norden Irans hat man Keramikstücke entdeckt.
Spuren aus dem 5. Jahrtausend vor Christus zeugen davon dass in den Töpfereien Glasuren hergestellt und für die Verzierung von Gefäßen verwendet wurden.
Im 13. Jahrhundert vor Christus hat man in der damaligen Residenzstadt Tschogha Zanbil – bei Schusch (Susa) im Südwesten Irans – glasierte Ziegel benutzt, wie bis heute erhalten gebliebene Spuren zeigen. Auch sind einige Tongefäße aus Susa und aus Ziviyeh in der Provinz Kurdistan mit einer dünnen Glasur versehen, was zeigt, dass die Iraner damals mit der Anfertigung von Keramikware vertraut waren.
Aus der Zeit der Achämeniden (die von 550 bis 331 vor Christus herrschten) hat man in Susa und auf Tacht-e Dschamschid (Persepolis) bei Schiras zahlreiche glasierte Kacheln in Blau, Weiß, Gelb und Grün gefunden. Es blieben aber nicht viele Tongefäße aus dieser Zeit erhalten. Die meisten waren nicht bemalt oder gemustert, aber sie waren in der Mehrzahl mit einer milchweißen Glasur versehen. Die Archäologen vermuten, dass die achämenidischen Herrscher mehr an Gefäßen aus Gold und Silber interessiert waren, so dass die Gefäßkeramik verblasste.
Unter den Arsakiden (3. Jahrhundert vor Christus) fand die Keramik keine Beachtung mehr. Tongefäße waren kaum noch üblich. Was aber davon erhalten blieb ist meistens mit einer Glasur geschmückt. Die Keramik wurde in dieser Epoche für die Herstellung von Särgen aus glasiertem Ton in Grün und Blau verwendet. Auch in der Zeit der Sassaniden (von 227 bis 561 nach Christus) fand die Keramik kaum zu einem Aufschwung. Wie in der Arsakidenzeit verwendete man in der Hauptsache die zwei Farben Grün und Blau für Glasuren von Tongegenständen. Dennoch scheint die Glasur qualitativ besser gewesen zu sein. Bei den Sassaniden wurde es aber üblich, Tongefäße durch Aufkleben von kleinen Tonstücken mit einem reliefartigen Muster zu schmücken. Im 7. Jahrhundert ging die Sassaniden-Dynastie zu Ende und die Islamisch-iranische Zivilisationsära begann.
Die Islamisch-iranische Zivilisation löste einen tiefen Wandel im Leben der Bevölkerung aus, so auch im Kunsthandwerk. Diese Ära dauert bis heute an. Als eine von mehreren Blütezeiten der iranischen Kunst in der Islamischen Ära ist die Epoche im 6. bis 7. Jahrhundert nach der Hidschra und dem Mondkalender (12. bis 13. Jahrhundert nach Christus) zu nennen.
In dieser Epoche erfuhr die Keramik eine Entfaltung und es wurde alle möglich Mina`i-Keramik (siehe Teil 6) und metallisch glänzende Lüsterkeramik angefertigt. Keramikware wurde mit Glasuren bemalt, die einen niedrigem Schmelzpunkt hatten. Die üblichen Hauptfarben waren Blau, Grün und Türkis. Damit wurde die alte Tradition in der Keramik fortgesetzt, nur war die Bemalung und Musterung anders.
Eine weitere Blütezeit der Islamischen Kunst war die Zeit der Saffawiden ( 1502-1722 n. Christus ). In dieser Zeit erfuhr auch die Keramik wieder eine Weiterentfaltung. Im Iran stellte man blau-weiße Keramik her und diese wurde sogar in andere Länder ausgeführt. Eine Sorte iranischer Lüsterware wurde im Ausland als Gamberun Töpferware (Gombroon Ware )bekannt. Die Holländer führten diese Keramik nämlich aus dem Hafen Gamberun am Persischen Golf nach Europa aus und benannten sie nach diesem iranischen Hafen, der sich heute Bandar Abbas nennt.
Die siebenfarbigen Fayencen, welche die Wände der Imam-Moschee und der Scheich-Lotfullah-Moschee in Isfahan schmücken, sind auch ein Werk der Keramiker zur Zeit der Saffawiden und weltberühmt.
Welche Rolle spielt Keramik heute? Keramik findet heute als Essgeschirr und Teeservice, bei hygienischen Einrichtungen und als Boden und Wandfliesen, als innere Teile von elektrischen Geräten, beim Innen- und Außendekor einiger Gebäude, und als nicht entflammbares Material in verschiedenen Industriezweigen Verwendung. Ein Drittel der Industrie zählt zur Keramikherstellung. Wir sind so abhängig von der Keramik geworden, dass wir ohne sie auf einigen Lebenskomfort verzichten müssten. Außerdem verwenden wir Keramik zur Ausschmückung von Arbeits- und Wohnräumen, um das Leben schöner und angenehmer zu gestalten. Keramikware eignet sich gut als Dekor. Große Temperaturunterschiede können einem Keramikgegenstand nichts anhaben. Er rostet nicht und kann nicht wie Holz von Termiten zerstört werden. Daher wurde Keramik auch zum Träger von Informationen über frühere Völker.
Wären zum Beispiel die Keramik- und Tongefäße aus prähistorischen Zeiten nicht so widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen gewesen, so wäre uns in Wahrheit heute vieles über die früheren Kulturen gar nicht bekannt.