Am 31. Januar begrüßten wir Frau Dr. Gabriele Dold-Ghadar im Iran-Haus und hörten eine interessante Buchbesprechung über die Schia im Iran und Libanon. Das Interesse an dem Thema war groß und die Veranstaltung war dementsprechend gut besucht.
Die Autorin untersucht die historische, politische, soziokulturelle und religiöse Ausgangssituation, die Genese und Entwicklung der Schia im Iran und Libanon sowie Ereignisse, Traditionen und Persönlichkeiten, die, insbesondere unter dem Aspekt des Gelehrtenaustausches, als Bindeglieder zwischen beiden Ländern gelten können.
Bereits in vorislamischer Zeit bestehende Kontakte zwischen dem vormals zoroastrisch geprägten Iran und der byzantinischen Levante werden beleuchtet, ebenso der besonders im 16. Jahrhundert und bis in unsere Tage anhaltende Austausch von kulturellem und politischem Gedankengut sowie die gegenseitige politische, religiöse und intellektuelle »Entwicklungshilfe«.
Der Streit um die ethnische Zuordnung der Schia wird seiner Grundlage beraubt: Ohne islamische Geschichte mit ihrem Ursprung auf der Arabischen Halbinsel kein Schisma, das sich aus den Nachfolgestreitigkeiten nach dem Tod des Propheten formierte und sich von dort als oppositionelle Bewegung in den Irak, ans Mittelmeer und in den Iran fortpflanzte, wo sie sich in einer langen und turbulenten Entwicklung zu der Schia entwickelte, die sie heute ist.
Frau Dold-Ghadar stand nach Ihrem Vortrag für Fragen zur Verfügung und eine bewegende und interessante Frage-Antwort-Runde nahm ihren Lauf.
Ein weiteres Buch von Frau Dr. Dold-Ghadar Pers–Andalus – Iranische Kulturdenkmäler in „al-Andalus al-aqṣā“ wird in den nächsten Monaten in einer persischen Übersetzung erscheinen.
Bei diesem Buch widmet sich Dold-Ghadars Arbeit mit großer Hingabe diesem bislang nur am Rande wahrgenommenen Phänomen. Mit profunder Sachkenntnis spürt sie verschütteten oder wiederaufgefundenen Quellen nach und fördert manch Verblüffendes zu Tage. In den Bereichen Kultur- und Kunstgeschichte, Linguistik, Wirtschaft und Handel sowie Militärgeschichte findet sie so viele Hinweise auf iranische Provenienz, dass wohl Teile der Geschichte von al-Andalus neu gelesen werden müssen.