Die traditionelle Bekleidung eines Volkes gibt einen Einblick in seine Kultur. Die vier ECO-Mitgliedsstaaten Iran, Afghanistan, Tadschikistan und Turkmenistan stellten sich in Zusammenarbeit mit dem Niawaran-Kulturzentrum und dem ECO-Kulturinstitut mit ihren Volkstrachten vor.
Die Organisation für Wirtschaftskooperation ECO ist eine regionale Organisation, die 1962 von der iranischen, pakistanischen und türkischen Regierung für den Ausbau der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Technologie und Kultur gegründet wurde. 1991 wurden 7 neue Mitglieder in die ECO aufgenommen, nämlich Afghanistan, die Republik Aserbeidschan, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenien und Usbekistan.
Die 10 ECO- Länder befinden sich in einer strategisch wichtigen Region und besitzen eine gemeinsame Geschichte und kulturelle Gemeinsamkeiten. Um den kulturellen Teil wiederzubeleben und die Völker dieser Länder einander näherzubringen, können Ausstellungen wie die Ausstellung Hima in Teheran nützlich sein. Auf dieser Ausstellung werden 450 Werke von 220 Künstlern vorgestellt. Sie macht die Ähnlichkeit zwischen den Volkstrachten der teilnehmenden vier ECO-Mitgliedstaaten deutlich.
In dieser Ausstellung werden auch einmalige Näharbeiten von Kollektionsbesitzern und Meisterwerke gezeigt und ebenso zum ersten Mal Kleidungsstücke vorgestellt, die in Anlehnung an das antike Iran angefertigt wurden. Zu den kunstvollen Werken aus den ECO-Mitgliedsstaaten gehören Stickereien wie Pateh- und Buchara-Duzi, Sokmeh- und Schirazeh- und Abrischam-duzi. In vielen Stickereien aus Ländern wie Iran, Afghanistan, Tadschikistan und dem Subkontinent kommt das iranische Motiv Boteh Dschogheh vor. Das ist eine stilisierte Pinie mit geneigter Baumspitze als Zeichen der Bescheidenheit. Im religiösen Brauchtum symbolisiert dieses Motiv etwas Heiliges und innere Freiheit.
Die Ausstellung in Teheran soll Künstler und alte Meister auf dem Gebiet der traditionellen Näh- und Stickereiarbeiten vorstellen und die Ausstellungsbesucher mit dieser traditionellen Kunst vertraut machen. Diese Ausstellung dient jedoch auch dem fachmännischen Austausch zwischen den Künstlern aus den vier ECO-Ländern. In Vergessenheit geratene Künste sollen vorgestellt und wieder belebt werden. Auch soll eine Verbindung zwischen den Künstlern traditioneller Stickerei und Künstlern in verwandten Bereichen wie Design von Bekleidung, traditionellem Schmuck und Ähnlichem, sowie mit den angeschlossenen Berufssparten – wie Verkauf, Verpackung usw. geknüpft und eine Informationsbank für die Künstler auf dem Gebiet der traditionellen Näh und Stickereiartikel eingerichtet werden.
Die Bekleidung ist ein kulturelles Symbol. Sie charakterisiert die äußere Erscheinung einer Ethnie. Doch kann sich die Bekleidungsweise in einer Gesellschaft rasch durch den Einfluss von fremden Kulturen ändern. Einige sind sogar der Überzeugung, dass die kulturelle Fremdherrschaft als erstes bei der Übertragung der Kleidungssitten beginnt, um durch Änderung der Bekleidungsgewohnheiten das Gesellschaftsleben strukturell zu ändern.
Die Bekleidung beinhaltet eine Reihe von Symbolen, deren Deutung von der jeweiligen Gesellschaft abhängt und die Deutung dieser Symbole beruht auf den kulturellen Werten dieser Gesellschaft. Diese Werte spielen wiederum eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der sozialen und kulturellen Identität der Mitglieder einer Gesellschaft und ihre Übertragung an kommende Generationen.
Als die ersten menschlichen Gesellschaften entstanden, diente Bekleidung zum Schutz des Körpers gegenüber Kälte und Wärme und erst danach übernahm sie auch mit ihrer Farbe, ihrer Form und ihrem Material eine kulturelle Rolle und wurde ihre soziale, kulturelle und symbolische Funktion bedeutend. Jede Bekleidung und jeder Schmuck hatten etwas zu bedeuten und symbolisierten eine soziale oder wirtschaftliche Stellung, einen Beruf, die Konfession oder die Befindlichkeit des Trägers. Sie spiegelten zudem den Alters- und Geschlechtsunterschied wieder oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsschicht oder Bevölkerungs- oder Volksgruppe.
Die Bekleidung kennzeichnet wie die Sprache die ethnische und soziale und geografische Identität und gibt Aufschluss über den Beruf, politische Einstellung, Religion und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stand von Menschen. Um uns die kulturelle und soziale Rolle, welche die Bekleidung dabei spielt, einer Person oder einer Gruppe innerhalb der Nomaden – oder Dorf-Gemeinschaft oder auch der Stadtgesellschaft eine Identität zu verleihen, müssen wir sie wie ein aufschlussreiches Zusammenspiel von Zeichen betrachten. Zum Beispiel: Ähnlich wie die Sprache, welche verschiedene Ethnien im Iran wie Kurden, Loren, Balutschen, Turkmenen und Perser voneinander unterscheidbar macht, ermöglicht auch die traditionelle einheimische Bekleidung jeder dieser Ethnien ihre Unterscheidung voneinander. Wenn sich nun durch Änderung der Sprache einer Ethnie, die ethnische und kulturelle Identität dieses Volkes verändern oder vernichten lässt, dann lässt sich auch durch die Veränderung ihrer Bekleidung ihre Identität rauben und lassen sich ihre ethnisch-kulturellen Merkmale auslöschen.
Die Bekleidung ist ein Hilfsmittel zur Unterscheidung der Kulturen der vergangenen Zivilisationsepochen Irans. Durch Kenntnis von den früheren Bekleidungssitten von Männern und Frauen können wir uns nicht nur ein Bild von ihrem Äußern machen, sondern wir erfahren noch mehr: zum Beispiel über die verwendeten Stoffe und deren Modelle usw. Die Einstellung der Iraner zur Art der Bekleidung ähnelte jedoch bis vor nicht allzu langer Zeit der Bekleidung in alten Zeiten. Die Iraner haben zwar im Laufe der Geschichte die Art sich zu bekleiden auf die veränderten Bedingungen ihrer Zeit abgestimmt, sind aber dennoch darin verschieden von den Bürgern europäischer Länder geblieben.
Felsenreliefs, die aus der Antike verblieben sind, zeigen, dass die östlichen Gesellschaften, darunter die des Irans und anderer Gebiete wie Tadmer in Syrien, trotz des griechisch-römischen Einflusses auf ihre Architektur ihre östliche Identität bewahrt haben. Wir sehen dass die Gewänder der abgebildeten Personen deren Körper fast vollständig bedecken.
Die Iraner blicken auf eine 10 tausendjährige Kulturgeschichte ihrer Heimat zurück und daher sind die Ursprünge vieler menschlicher Errungenschaften in dieser Zivilisation zu suchen. Zum Beispiel hat man in der Kamarband-Höhle, in der Nähe von Behschahr am Kaspischen Meer, die ersten Spinn- und Webwerkzeuge der Welt gefunden. Sie stammen aus dem 7. Jahrtausend vor Christus. Außerdem hat man in den ältesten Teilen der antiken Stadt Schusch (Susa) im südiranischen Chuzistan, gelöcherte Nadeln gefunden, was zeigt, dass man in dieser Gegend in der Antike Kleidung genäht hat. Diese und weitere darauffolgende Erfindungen hat Iran zu einem Vorreiter für die Anfertigung von Stoff und Bekleidung gemacht. Dieses Gewerbe erfreut sich ebenso wie die Bekleidungstradition in den ostasiatischen Ländern, dem Mittleren Osten und afrikanischen Ländern einer großen Vielfalt. Die Designer in diesen Ländern konnten sich nicht nur Zugang zur Modewelt verschaffen und Beifall unter den eigenen Landsleuten finden, sondern sie haben auch anderen Teilen der Welt neue Alternativen vorgestellt und dort den allgemeinen Kleidungsstil beeinflussen können.
In einigen Kulturen sind die Farbe der Kleidung und das Stoffmuster oder auch die Verzierung mit Perlen, Borten und Randstickereien und mit Münzen aus Gold, Silber oder heute Nickel Zeichen für eine bestimmte Ethnie oder soziale Position. Die verschiedenen iranischen Völker haben ihre eigenen Trachten. Dorfbewohnerinnen und die Nomadenfrauen bevorzugen bunte Kleiderstoffe in fröhlichen Farben und schöner Farbkombination. Diese Bekleidung nennt sich lebase Mahali – Bekleidung der Einheimischen – und sie kann von Ort zu Ort verschieden sein.
Schließlich sei noch gesagt, dass die Bekleidung zwar ein wichtiger Teil der Kultur der Menschen darstellt, dass aber heutzutage die soziale Vermischung dazu geführt hat, dass die Gesellschaft in Richtung einer Homogenität im Bekleidungsstil geht, ebenso wie dies hinsichtlich der Frisur, dem Verhalten und dem Geschmack der Fall ist. Wenn wir ab zu dennoch eine Veränderung bei dieser Homogenität feststellen, so hat es mit der Mode zu tun.
Durch Aufkommen des Modefiebers und dem Wandel in einigen Inhalten und Maßstäben geht das Leben der Menschen allerdings in eine eintönige oberflächliche Konsumwelt über.
Die Soziologen definieren unterdessen die Mode als Sinnbild für den Lebensstil und als Mittel für die Zurschaustellung von Reichtum, Wohlstand und der Schicht, zu der ihre Träger und Trägerinnen gehören.
Wie auch immer: Unter den jetzigen Umständen scheint die Beachtung der alten Kulturen bei der Verwirklichung neuer Ideen und eine Modekreation die den kulturellen und sozialen Verhältnissen jeder Gesellschaft angepasst ist, ein erfolgreicher Weg zur Wiederbelebung der Vielfalt in der Bekleidungsindustrie zu sein.