Aschura (arabisch von zehn [aschara]) wird der zehnte Tag des islamischen Monats Muharram genannt.
Der Begriff bezeichnet das Ereignis des epochalen Martyriums Imam Husains (a.) zusammen mit seinen Getreuen in der Ebene von Kerbela 61 n.d.H. (680 n.Chr.). Daran gekoppelt sind die an Aschura erinnernden, zehn Tage andauernden Trauerzeremonien zu Muharram. Der Tag liegt genau einen Mondmonat nach dem Opferfest [id-ul-adha].
Vorgeschichte
Am 20. Radschab 60 n.d.H. starb Muawiya. Er hatte über 20 Jahre tyrannisch von Schaam aus über die Muslime geherrscht. Nachdem Prophet Muhammad (s.) zu seinem Schöpfer zurückgekehrt war, schlug Muawiya sich auf die Seite der Feinde Imam Alis (a.). Als Imam Ali (a.) Kalif wurde, entließ er Muawiya als Gouverneur von Damaskus wegen dessen Korruption und Tyrannei. Muawiya weigerte sich seine Stellung aufzugeben, was zur Schlacht von Siffin führte. Als Muawiya die Schlacht fast verloren hatte, bestach und trickste er Teile von Imam Alis (a.) Armee aus mit perfiden Methoden seines Feldherrn Amr ibn Aas und veranlasste sie darauf zu bestehen, den Disput durch einen Schiedsspruch zu schlichten. Mit derselben Methode gelang es ihm, dass die Schiedsmänner, darunter Abu Musa al-Aschari, beim Schiedsgericht von Adhruh ein Urteil zu seinen Gunsten fällten. Kurz nach dem Martyrium Imam Alis (a.) erlangte Muawiya gewaltsam das Kalifat. In einem Friedensvertrag mit Imam Hasan (a.) verpflichtete er sich dazu, seinen Nachfolger nicht zu bestimmen. Er hielt sich jedoch nicht daran und setzt seinen Sohn Yazid als seinen Nachfolger ein, nachdem er Imam Hasan (a.) ermorden ließ.
Yazid war noch schlimmer als sein Vater. Zusätzlich zu all den üblen Eigenschaften seines Vaters machte er den Islam öffentlich lächerlich. Man sah ihn oft betrunken, Lieder singend, die sich über das Ritualgebet, den Prophet Muhammad (s.) und dessen Ahl-ul-Bait (a.) lustig machten. Muawiya missbrauchte den Islam, Yazid hingegen war dazu entschlossen, den Islam auszulöschen.
Verfolgung Imam Husains (a.)
Sobald Yazid Kalif wurde, sandte er einen Brief an den damaligen Gouverneur von Medina, Walid bin Utba bin Abu Sufyan, in dem er ihn aufforderte, den Treueid von Imam Husain (a.), dem amtierenden Imam der Zwölf Imame einzufordern. Walid erhielt den Brief am 27. Radschab 60 n.d.H. und forderte Imam Husain (a.) unmittelbar auf, den Treueid zu leisten. Imam Husain (a.), der bereits erste Einladungsbriefe aus Kufa erhalten hatte, verließ die Stadt, um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, in Richtung Mekka zur Pilgerfahrt (nach anderen tauchten die Einladungsbriefe erstmalig in Mekka auf). Seine engsten Gefährten begleiteten ihn, darunter seine Schwester Zaynab, seine Söhne und Töchter sowie zahlreiche weitere nahe Verwandte. Nur Fatima Sughra konnte aus Krankheitsgründen nicht mitkommen. Selbst der neugeborene Abdullah ibn Husain (Ali Asghar) kam mit auf die Reise, wie auch Imam Husains (a.) Sohn Imam Zain-ul-Abidin (a.) und dessen Sohn Imam Muhammad Baqir (a.), der noch keine vier Jahre alt war.
Aufbruch über Mekka nach Kufa
Imam Husains (a.) Karawane verließ Medina am 28. Radschab 60 n.d.H. und erreichte Mekka am 4. Schaban. Ein spezieller Bote aus Kufa namens Qais ibn Muschir brachte ihm hunderte von Einladungsbriefen aus Kufa. Die dortige Bevölkerung wollte ihm den Treueid leisten. Da Imam Husain (a.) zudem von Plänen Yazids erfahren hatte, ihn in Mekka ermorden zu lassen, und jener heilige Ort geschützt werden musste, verließ er während der Riten zur Pilgerfahrt [hadsch] Mekka und wollte nach Kufa reisen. Manchen aus Medina mitgekommene Pilger, die nur wegen der Pilgerfahrt [hadsch] mitgekommen waren, verstanden Imam Husain (a.) nicht und folgten ihm nicht weiter.
Imam Husain (a.) schrieb zuvor einen Brief an die Bürger Kufas und sandte diesen Muslim ibn Aqil als seinen Botschafter vorab, welcher dort auf grausame Art und Weise von den Schergen Yazids ermordet wurde.
Am 8. Dhul-Hidscha 60 n.d.H., dem Tag des Martyriums Muslim ibn Aqils in Kufa, verließ Imam Husains (a.) Karawane Mekka, ohne die Riten der Pilgerfahrt vollendet zu haben. In der kleinen Oase namens al-Thalabiya wurde Rast gemacht. Der Gefährte Qais ibn Muschir wurde losgeschickt, um die baldig bevorstehende Ankunft Imam Husains (a.) in Kufa anzukündigen. Derweil erfuhren sie von der Lage in Kufa und der Ermordung Muslim ibn Aqils. Auch dessen beiden Söhne Muhammad und Ibrahim wurden in Kufa ermordet.
Die Karawane wollte daraufhin abziehen. Aber ein Kommandant von Yazids Truppen mit dem Namen Hur sollte das verhindern. Er gehörte zu denen, die später auf die Seite Imam Husains (a.) wechselten und sich für ihn aufopferten, als es am zehnten Tag des Monats Muharram zum Höhepunkt der Tragödie kam. Imam Husain (a.) und seine mindestens 72 Gefährten – wie es in vielen Quellen dargestellt wird – darunter Frauen, Kinder und Greise, stellten sich einigen Zehntausend bestausgerüsteten Soldaten Yazids. Das Ziel war die Verteidigung der Wahrheit durch Aufopferung des eigenen Lebens.
Aschura
Die ausführliche Geschichte von Aschura ist voller Helden, wie die Geschichten von Muslim bin Ausadscha, Habib ibn Mudhahir, John ibn Huwai, Zuhair ibn Qain, Aun und Muhammad ibn Dschafar, Burair Hamdani, Qasim ibn Hasan, Abbas ibn Ali, Ali Akbar, Abdullah ibn Ali und viele andere mehr (siehe auch Liste der Märtyrer von Aschura). Die Einzelereignisse werden bei den Namen der Teilnehmer erwähnt. Der von Yazid eingesetzte Kommandeur der Feinde der Ahl-ul-Bait (a.) war sein Gouverneur Ibn Ziad und dessen Oberkommandierender in Kerbela war Umar ibn Saad.
Viele Muslime gedenken der Ereignisse in Trauerzeremonien zu Muharram zuweilen auch in einem Trauerschauspiel [taziye].
Imam Husain (a.) selbst übergab die Verantwortung des Imamats kurz vor seinem eigenen Martyrium seinem wegen schwerer Krankheit im Zelt liegenden Sohn Imam Zain-ul-Abidin (a.). Vor seinem eigenen Martyrium war er allein mit seinem Pferd Dhul-Dschinan auf dem Schlachtfeld und wurde nach manchen beim Ritualgebet, nach anderen unmittelbar im Anschluss von hinten ermordet. Der Kopf Imam Husains (a.) wurde aufgespießt und verschleppt. Es war vor allem Zaynab (a.), welche die Ereignisse der Nachwelt weiter erzählte unter anderem in ihrer Rede in Kufa. Ihre prägnanteste Beschreibung war: Nichts außer Schönheit habe ich gesehen. In Folge der Ereignisse starb auch noch Imam Husains (a.) Tochter Sukaina bint Husain.
In der Liste der Märtyrer von Aschura sind die heiligen Personen aufgelistet, die in Kerbela Märtyrer geworden sind. Der Aschura-Aufstellungsplan gibt wieder, wie einige Gelehrte nach Überlieferungen die Situation am Morgen von Aschura in Kerbela vermuten. Asbagh ibn Nabatah gilt als der Erste, der ein Buch über die Tragödie verfasst hat.
Die berühmteste Audienz zum Thema ist die Audienz zu Aschura [ziyaratu aschura].
Quelle: Eslam.de