Scheich Bahauddin Amili, genannt Scheich Bahai (persisch شیخ بهایی), war ein schiitischer Theologe und Jurist im Persien der Zeit der Safawiden, der große Kenntnisse in Philosophie, Logik, Sternkunde und Mathematik besaß.
Er gilt als einer der Gründer der Schule von Isfahan. In späteren Jahren war er einer der Lehrer von Mulla Sadra. In seiner Abhandlung Anatomie des Himmels stellte Scheich Bahai die Möglichkeit der Rotation der Erde um ihre Achse dar.
Scheich Bahai entstammte einer schiitischen Gelehrtenfamilie. Sein Vater war einer der prominenten Religionsgelehrten (Ulema) der Region Dschabal Amil (Libanon/Syrien/Palästina), der ihn im Alter von dreizehn Jahren mit in den Iran nahm, um der religiösen Verfolgung durch die Osmanen zu entgehen. Er studierte zunächst in Qazvin (der damaligen Safawiden-Hauptstadt), anschließend in Jerusalem bei Muhammad al-Maqdisī, dann in Herat (heute Afghanistan) und ließ sich schließlich in Isfahan (Esfahan, Iran) nieder.
Während seiner Pilgerfahrt nach Mekka suchte er viele Gelehrte zwecks Unterweisung auf und bereiste den Irak, Ägypten, den Hedschas und Palästina (Jerusalem), um sein Wissen über Religion und die Wissenschaft zu bereichern.
Er schrieb ungefähr hundert Abhandlungen und Bücher auf Arabisch und Persisch. Amili ist auch Verfasser von literarischen Werken und Gedichten. Viele Schüler wurden von ihm ausgebildet.
Er wurde zum Scheich al-Islām, d.h. zum höchsten Theologen, am Hof von Schah Abbas I. und zum Oberrichter des höchsten religiösen Gerichts in der Hauptstadt Isfahan ernannt.
Er schrieb verschiedene Werke über eine Vielzahl von Disziplinen, wie Koranexegese, Hadith, Grammatik, Recht (Fiqh), Mathematik, Astronomie und Dichtung.
Verschiedene Bauwerke zu der Zeit der Safawiden wurden von ihm entworfen, darunter eine Heizung für ein Badehaus in Isfahan.
Scheich Bahai wurde in Maschhad im Schrein des Imam Reza beigesetzt.
Mystik
Scheich Bahai war auch ein Adept der Mystik. Für seine deutliche Sufi-Hinneigung wurde er von Mohammad Baqer Majlesi kritisiert.
Während seiner Reisen kleidete er sich wie ein Derwisch und frequentierte Sufi-Kreise. Er erscheint auch in der Kette der spirituellen Genealogien der beiden Sufiorden Nurbakhshi und Ne’matollahi.
In seiner Abhandlung über die Einheit der Existenz, d.h. des Konzeptes des wahdat al-wudschūd, erklärt er, dass die Sufis die wahren Gläubigen seien, fordert eine unvoreingenommene Bewertung ihrer Äußerungen und bezieht sich auf seine eigenen mystischen Erfahrungen.
Seine persische Dichtung ist auch voller mystischer Anspielungen und Symbole. Gleichzeitig ruft Scheich Bahai zur strikten Einhaltung der Scharia als Voraussetzung für den Einstieg in den Tarīqa (Pfad) auf und hält nicht viel von der antinomistischen Mystik.