Montag , Dezember 23 2024
defa

Kamantsche in der iranischen Musik

Kamantsche (persisch کمانچه) ist eine Stachelgeige in der iranischen Musik.

Die kamantsche wird auch ghaichak genannt, wobei unter dieser Bezeichnung zwei Typen von Streichlauten verstanden werden: Zum einen die Stachelfideln mit einem einfachen, runden Resonanzkörper und langem, dünnen Hals (Langhalsgefäßspießlauten) wie die kamantsche, die alten türkischen Streichinstrumente rabāb und kabak-kemane; zum anderen der sarinda-Typ von Saiteninstrumenten. Letztere haben einen kurzen, teilweise breiten Hals mit einem doppelten oder aus zwei Hälften bestehenden Korpus. Zu dieser Kategorie zählen neben der Streichlaute sarinda auch das gezupfte afghanische Nationalinstrument rubab. Weiterentwicklungen der sarinda in Nordindien führten bei der sarangi, dilruba und esraj zu einem nur noch wenig taillierten Korpus und annähernd gleich breitem Hals.

Die kamantsche ist sprachverwandt, aber nicht bauähnlich mit der türkischen Streichlaute kemençe. Zwischen dem Mittelmeerraum und Nordindien werden mit unterschiedlichen Schreibweisen des Wortstammes kamān verschiedene gestrichene Langhalslauten oder Kurzhalslauten verstanden.

Bauform und Spielweise

Die Entwicklung der kamantsche lässt sich über türkische Streichinstrumente wie die rabāb von der byzantinischen lyra herleiten. Der Korpus ist relativ klein, rundbauchig und aus Hartholz (Walnuss- oder Maulbeerbaumholz) gefertigt. Die kreisrunde Öffnung an der Decke ist mit Fischhaut bespannt, was für die feine und warme, manchmal einer sul ponticello gespielten Violine ähnliche Klangfarbe sorgt. Vier Stahlsaiten laufen über einen flachen Steg und ein schmales bundloses Griffbrett zu den paarweise gegenüber liegenden Wirbeln. Die vierte Saite kam vermutlich erst Anfang des 20. Jahrhunderts nach Bekanntschaft mit der europäischen Geige hinzu. Die Saiten sind in Quarten oder Quinten gestimmt. Früher wurde das Instrument wie alle Stachelgeigen auf dem Boden sitzend gespielt und senkrecht vor den Körper gehalten. Heute sitzt der Musiker auf einem Stuhl und setzt den Stachel außerhalb des linken Knies auf die Ecke des Stuhls oder (mit einer Auflageplatte) oberhalb des Knies auf den Oberschenkel auf. Der Tonumfang entspricht mit ungefähr drei Oktaven etwa dem einer Geige. Die Pferdehaare des Bogens werden während des Spiels mit den Fingern gespannt.

Eine kamantsche gehört zu praktisch jedem Orchester der iranischen Musik. Klassische Kompositionen, deren Melodien (radif) sich innerhalb eines Dastgah (einer modalen Tonfolge, die mit dem indischen Raga oder dem aserbaidschanischen Mugham vergleichbar ist) entfalten, werden außer mit der kamantsche als weiteren Hauptinstrumenten mit der gezupften Langhalslaute târ, der Kastenzither santur, der Längsflöte nay sowie Perkussionsinstrumenten aufgeführt.

Der iranische Komponist Hossein Alizadeh (1951 in Teheran) brachte 2006 in der New Yorker Carnegie Hall die Komposition New Work for Kemancheh and String Quartett zur Uraufführung.

Check Also

Ayeneh-kari: eine Kunst aus Licht und Reflexion

Ayeneh-kari, die faszinierende iranische Kunst, Spiegelglas in Gips einzubetten, verwandelt Innenräume in schimmernde Meisterwerke.